Sichere Herkunftsstaaten neu denken!
Für uns Freie Demokraten ist das Menschenrecht auf Asyl nicht verhandelbar. Dem steht nicht entgegen, dass wir effektive Mechanismen für die Entscheidung über die Schutzbedürftigkeit entwickeln müssen, um Asylverfahren wirksam zu beschleunigen, ohne allerdings das Schutzbedürfnis des Einzelnen zu vernachlässigen.
Wir Freie Demokraten erkennen an, dass Asylverfahren mit dem System der sog. Sicheren Herkunftsstaaten, wie dies in Art. 16a Abs. 3 GG geregelt ist, grundsätzlich effizienter gestaltet und beschleunigt werden können. Allerdings muss das heutige System weiterentwickelt werden, weil es bei der Entscheidung über Sichere Herkunftsländer nicht hinreichend differenzierte Entscheidungen ermöglicht.
Das heutige System der Sicheren Herkunftsstaaten lässt nur eine Entscheidung darüber zu, ob ein Staat insgesamt als sicher gilt oder nicht. Dieses „Alles-oder-Nichts“-Prinzip ist vor dem Hintergrund fragwürdig, dass in fast allen Ländern, die die Bundesregierung für sicher erklären will, rechtsstaatliche Defizite bestehen und das Risiko einer Verfolgung im Sinne des Asylrechts nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Es dürfte deshalb fraglich sein, ob bei solchen, nicht vollständig sicheren Ländern in Zukunft im Bundesrat die erforderlichen Mehrheiten für die Einstufung als sicher gefunden werden können.
Deshalb fordern wir Freie Demokraten eine differenziertere Gestaltung des Systems der Sicheren Herkunftsstaaten. Staaten sollen nicht mehr nur insgesamt, sondern auch für einzelne Verfolgungsmerkmale, wie Rasse, Religion, politische Überzeugungen, Geschlecht, sexuelle Identität etc. als sicher eingestuft werden können. Bei Verfolgungsmerkmalen, bei denen ein Staat weiterhin als nicht sicher gilt, würde der Rechtsschutz weder im Asylverfahren selbst noch bei der Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen eingeschränkt werden.
Um einen Missbrauch auszuschließen, müssen Sanktionsregelungen für den Fall geschaffen werden, dass sich ein Ausländer nachweislich treu- und wahrheitswidrig auf ein privilegiertes Verfolgungsmerkmal beruft, bei dem der jeweilige Herkunftsstaat weiterhin als nicht sicher gilt.